Straßenbau: Ortsumgehung in Celle

Planungshistorie

Bei der Ortumgehung handelt es sich um ein Fernstraßenvorhaben des Landes Niedersachsen als Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans 2015. Die geplante Ortsumgehung von Celle wird aus fünf Bauabschnitten bestehen, die von Adelheidsdorf im Süden bis Groß-Hehlen im Norden verlaufen sollen. Erklärtes Ziel ist es, möglichst viel Verkehr der sich sternförmig in Celle treffenden Bundes- und Landesstraßen B 3, B 214, B 191, L 310, L 180 und L 282 aus der Innenstadt herauszuhalten und die Reisegeschwindigkeit zu erhöhen. Zwei der Abschnitte sind bereits fertiggestellt, zwei weitere warten auf die Planfeststellung. Für den planfestgestellten Aller-Querungsabschnitt - den dritten Bauabschnitt - ist derzeit eine Klage beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg anhängig.

Hier fassen wir die wichtigen Entscheidungen zur Ortsumgehung in Celle zusammen:

  • Bereits vor etwa 100 Jahre bestand der Wunsch nach einer Umgehungsstraße in Celle, hierfür wurde eine Trasse auf der alten Ostgrenze der Stadt freigehalten.

  • In der zweiten Hälfte der 50er Jahre wurde die Planung der Stadt, die Kommunalstraße zu bauen, bei der näheren Projektprüfung fallen gelassen. Stattdessen projektierte die Stadt eine 4-spurige Westumgehung von der B3 im Süden (Westercelle) bis nördlich Groß Hehlen großzügig. Diese wurde 1970 - überwiegend 4-spurig und mit einem zweiten Brückenkopf in der Aller - bis zur L 180 als „Wilhelm-Heinichen-Ring“ (WHR) fertiggestellt.

  • Bis 1969 wächst der Entlastungsbedarf: Die BAB 7 von Süden her verläuft nur bis Nörten-Hardenberg. Die B 3 (quer durch Celles Innenstadt) entwickelt sich zu einer der wichtigsten Nord-Süd-Achsen durch Deutschland. Durch die wachsende Wirtschaft nach dem Krieg nehmen Motorisierung und Militärverkehr (Panzer der britischen Besatzungsmacht) stark zu. Weder die Häuser noch LKWs werden jedoch lärmgedämmt. Im Jahr 1969 erfolgt der Anschluss der A 7 an das Hamburger Straßennetz.

  • Das Projekt „Ortsumgehung Celle“ wird – entgegen höchstrichterlicher Rechtsprechung, aber auf Wunsch der Stadt und mit tatkräftiger Nachhilfe der Celler Bundestagsabgeordneten - vom Bundesverkehrsministerium in den Bundesverkehrswegeplan als „vordringlicher Bedarf“ aufgenommen.

  • 1970 beginnt die Feinplanung einer Ostumgehung (F11), nachdem sich die Stadt durch die Fertigstellung der A 7 vom Durchgangsverkehr befreit sah. Sie wird 1979 planfestgestellt, obwohl Mitte der 1970er Jahre eine Bedarfsprüfung einen Rückgang des Durchgangsverkehrs auf zunächst 6,6 %, dann auf 4,1 % bestätigte (A7-Fertigstellung). Die Planungen zum Bau der Umgehungsstraße im Rahmen des Bundesverkehrswegeplans bleiben jedoch unverändert. Die Stadt stoppt vorsorglich eigene Entlastungsprojekte (Biermannstraße, Georg-Wilhelm-Str.) wie auch den Weiterbau des Wilhelm-Heinichen-Rings über die L 180 hinaus nach Norden, um die Ostumgehung nicht zu gefährden.

  • Im Jahr 1979 erfolgt die Planfeststellung der F11. Dieser Bescheid wird 1984 durch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg wegen fehlenden Bedarfs neben dem Wilhelm-Heinichen-Ring sowie ungelöster städtebaulicher und Naturschutzprobleme aufgehoben.
    Lehen sind daraus allerdings nie gezogen worden. Gleich einer Fata Morgana bleibt das Sehnsuchts-Ziel einer fremdfinanzierten OU erhalten.

  • Im Jahr 1988 legen Gutachter eine Variantenuntersuchung vor: Laut der Gutachter Retzko-Topp schneidet eine Westumgehung verkehrs- und kostenmäßig nahezu gleichwertig mit der besten Ost-Variante ab. Die eindringliche Gutachter-Empfehlung: den Osten der Stadt aus Naturschutzgründen unangetastet zu lassen und zuerst die Lücke im Norden zu schließen. Ein mit beiden Varianten angedachtes Raumordnungsverfahren wird nur für die Ostumgehung durchgeführt. Das Ergebnis: Das Projekt ist nur mit einer Untertunnelung der Aller raumverträglich. - Diese lehnt das Bundesverkehrsministerium ab und plant weiter den Neubau mit Damm und Brücke.

  • Eine Westumgehung wird auch nicht wieder in Erwägung gezogen, als deren klassische Linie - die stadtkernnahe F11 / „Thaers-Garten-Trasse“ - aufgegeben werden musste,

weil europarechtlich hochgeschützter prioritärer Lebensraum zerstört worden wäre. Um die als Konkurrenz lästig empfundene Westumgehung abzuschütteln (ohne allerdings dieses städtische Projekt aufzugeben), bediente man sich eines Kunstgriffs. Man verlegte – entgegen aller fachlicher Vernunft – den Planungsanfang in den Süden (Adelheidsdorf).

  • Man legte es darauf an, nach den relativ problemlos überwundenen ersten beiden Bauabschnitten an der B214 und im gesamten Verkehrsraum Celle-Ost so massive Verkehrsprobleme entstehen zu lassen, dass man das sehr hoch eingeschätzte Risiko einzugehen wagte, weiter in Richtung Norden zu planen und man spekulierte darauf, dass Berlin mit Hilfe der ständigen Verkehrsbeschwerden zur Freigabe weiterer Gelder zu bewegen sei. So meinte man, den von vornherein als höchst schwierig eingeschätzten Mittelabschnitt „knacken“ zu können.
  • Das Gericht verfügt jedoch den Baustopp für die F11. Ersatz für die ausgeschiedene Trasse F 11 wurde im Mittelabschnitt die Variante F8n (mit Unterbrechung der K74), obwohl die Alternativenprüfung 2001 ergeben hatte, dass die Variante F8n eine deutlich schlechtere städtebauliche Auswirkung und deutlich schlechtere Verkehrswirksamkeit als die F 11 habe und somit keine zumutbare Alternative sei!